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07.04.2010
Unternehmensteuer

BFH: Halbabzugsverbot bei Auflösungsverlust

Sachverhalt

Die Gesellschafterin einer GmbH verpflichtete sich mit der Übernahme von Anteilen zur Gewährung von Darlehen, für die sie den Rangrücktritt erklärte. Hiernach wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der zwischenzeitlich in eine AG umgewandelten GmbH eröffnet. Rückzahlungen an die Gesellschafterin sind weder auf die Darlehen, noch auf das Eigenkapital erfolgt. Die Gesellschafterin hat daher einen Aufgabeverlust nach § 17 Abs. 4 EStG geltend gemacht. Das Finanzamt berücksichtigte indessen nur den Verlust des Eigenkapitals und diesen entsprechend des Halbeinkünfteverfahrens nur zur Hälfte. 

Der BFH hat daraufhin schon in den Urteilen vom 25.06.2009 (Az. IX R 42/08) und vom 14.07.2009 (IX R 8/09) entschieden: Der nur hälftige Verlustabzug im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens dient der Verhinderung einer Doppelbegünstigung (hälftige Steuerfreiheit der Einnahmen, volle Abzugsfähigkeit der Kosten) und setzt damit das Vorhandensein von dem Halbeinkünfteverfahren unterliegenden Einnahmen während der Dauer der Beteiligung voraus. Sofern die Gesellschafterin nie Einnahmen aus der Beteiligung erzielt hat, kann sie den Verlust des Eigenkapitals in voller Höhe steuerlich geltend machen. Das Bundesministerium der Finanzen vertritt (hingegen) im Schreiben vom 15.02.2010 die Auffassung, dass das Halbeinkünfteverfahren auch in Verlustfällen anwendbar sei.

Beschluss

Der Abzug von Erwerbsaufwand im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG ist jedenfalls dann nicht nach § 3c Abs. 2 EStG begrenzt, wenn der Steuerpflichtige keine durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen hat. Wenn das Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom 15.02.2010 das Halbeinkünfteverfahren auch in Verlustfällen für anwendbar erklärt, so steht diese Aussage nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des BFH und kann als Argument nicht gelten. Denn um Verluste gemäß § 17 Abs. 2, Abs. 4 EStG geht es in der Rechtsprechung des BFH zunächst nicht. Vielmehr kommt es nach § 3c Abs. 2 EStG korrespondierend mit § 3 Nr. 40 Buchst. c S. 2 EStG allein darauf an, ob Einnahmen anfallen. So stellt das Gesetz in § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG die Hälfte des gemeinen Werts nach § 17 Abs. 4 EStG (= Veräußerungspreis) steuerfrei und zieht umgekehrt in § 3c Abs. 2 EStG die mit den Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen (z.B. Anschaffungskosten) ebenfalls nur zur Hälfte ab. 

Diese Situation ist auch gegeben, wenn es dadurch zu einem Verlust kommt, dass zwar ein Veräußerungspreis gezahlt wird, aber die damit wirtschaftlich zusammenhängenden Aufwendungen die Einnahmen überschreiten. Darüber hat der BFH bezogen auf § 3c Abs. 2 EStG indes noch nicht entschieden. Er hat sich nur zu Fallkonstellationen geäußert, in denen keine Einnahmen angefallen waren. Die gleichen Erwägungen gelten auch für das weitere Argument, welches das Bundesministerium der Finanzen (a.a.O.) anführt. Wenn nach den Grundwertungen des Halbeinkünfteverfahrens Gewinne und Verluste gleich behandelt werden sollen, so ändert das nichts daran, dass das Gesetz in § 3c Abs. 2 S. 1 EStG zunächst einen wirtschaftlichen Zusammenhang der dort aufgeführten Aufwendungen mit zum Teil steuerfreien Einnahmen fordert. Zwar ist unerheblich, in welchem Veranlagungszeitraum sie anfallen (§ 3c Abs. 2 S. 1 EStG). Sie müssen aber "anfallen". Ist dieses gesetzliche Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt, kann es nicht zu einer Abzugsbeschränkung kommen. 

Das Bundesministerium der Finanzen sieht es in diesem Kontext hingegen für unerheblich an, ob auf der Ertragsebene aus der Beteiligung Einnahmen zugeflossen sind. Wenn hiermit implizit auf "Gewinne oder Verluste" auf der Vermögensebene abgestellt wird, so entspricht diese Aussage nicht der gesetzgeberischen Prämisse des Halbeinkünfteverfahrens (typisierende Gleichstellung von Veräußerungsgewinn und Gewinnausschüttung). Der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft wird wie eine Gewinnausschüttung besteuert, weil die Veräußerung einer Beteiligung einer Totalausschüttung wirtschaftlich gleichkommt. Eine von der Finanzverwaltung gedanklich vorgenommene Trennung von Vermögens- und Ertragsebene hätte zur Folge, nur Einnahmen auf der Vermögensebene (Veräußerungspreis, gemeiner Wert) einzubeziehen. Dies wäre nicht folgerichtig und dürfte deshalb auch bei der Interpretation des Begriffs der "Einnahmen" in § 3c Abs. 2 S. 1 EStG nicht angezeigt sein.

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.11.2009, Az. 12 K 961/06.

Fundstelle

BFH, Beschluss vom 18.03.2010, Az. IX B 227/09, BStBl II 2010, S. 627.

Weitere Fundstellen

BFH-Urteil vom 25.06.2009, Az. IX R 42/08, DStR 2009, S. 1843, siehe hierzu ausführlicher Deloitte Tax-News vom 16.02.2010.
BMF-Schreiben vom 15.02.2010, Az. IV C 6 – S 2244/09/10002, DStR 2010, S. 331.

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