Zurück zur Übersicht
28.05.2010
Unternehmensteuer

BFH: Ernstliche Zweifel an Gewinnrealisierung bei Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin, eine GmbH & Co, KG, übertrug in 2006 drei Grundstücke ihres Gesamthandsvermögens auf das Gesamthandsvermögen einer beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaft. Die übernehmende Schwesterpersonengesellschaft führte die Buchwerte der Grundstücke fort. Das Finanzamt vertrat nach einer Außenprüfung die Auffassung, die Grundstücke seien zum Teilwert entnommen worden und erhöhte den Gewinn der Beschwerdeführerin entsprechend.

Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids hatte weder beim Finanzamt noch beim Finanzgericht Erfolg. Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts richtete sich die Beschwerde.

Entscheidung

Die Beschwerde war begründet. Der IV. Senat des BFH hob den angefochtenen Beschluss des Finanzgerichts auf und gewährte die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids. 

Der IV. Senat des BFH ist der Auffassung, dass zur Vermeidung eines Gleichheitssatzverstoßes § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG auch auf die Übertragung zwischen den Gesamthandsvermögen von beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften entsprechend angewendet werden müsse. 

Nach § 6 Abs. 5 EStG können Einzelwirtschaftsgüter ohne Aufdeckung stiller Reserven zu Buchwerten zwischen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen, zwischen Betriebs- und Sonderbetriebsvermögen bzw. verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen sowie in oder aus Gesamthandsvermögen von Mitunternehmerschaften erfolgen. Dabei wird teilweise auch zugelassen, dass stille Reserven auf andere Gesellschafter derselben Personengesellschaft übergehen. Vom Wortlaut des § 6 Abs. 5 EStG nicht erfasst werden Übertragungen zwischen verschiedenen Gesamthandsvermögen von Schwestergesellschaften, obgleich die Aufnahme dieser Vorgänge im Gesetzgebungsverfahren vorgeschlagen wurde. Daher lehnte der I. Senat des BFH in seinem Urteil vom 25.11.2009 (Az. I R 72/08) die Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG auf die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften ab.

Der IV. Senat begründet seine abweichende Auffassung damit, dass keine Rechtfertigung ersichtlich sei, den Fall der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften anders zu behandeln als den in § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ausdrücklich in Übereinstimmung mit dem Steuersubjektprinzip geregelten Fall, dass ein Steuerpflichtiger Wirtschaftgüter zwischen zwei ihm zuzurechnenden Betriebsvermögen verschiebt. Die ansonsten in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ausdrücklich geregelten Fälle, in denen die Überführung von Einzelwirtschaftsgütern zu Buchwerten unter Übergang von stillen Reserven auf andere Gesellschafter möglich sind, stellten demgegenüber systemwidrige Transfers dar, die aber zur Erleichterung von notwendigen Umstrukturierungen nötig seien.

Die Auffassung des IV. Senats steht im Widerspruch zum Urteil des I. Senats vom 25.11.2009. Eine Anfrage gem. § 11 Abs. 3 FGO an den I. Senat, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhält, was bejahendenfalls zu einer Anrufung des Großen Senats des BFH führt, kam in diesen Verfahren nicht in Betracht, da in einem Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung die Rechtsfrage nicht endgültig zu beantworten ist, sondern bereits ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids ausreichen.

Betroffene Norm

§ 6 Abs. 5 EStG

Anmerkungen

BMF-Schreiben vom 29.10.2010:
Der BFH-Beschluss vom 15.04.2010 steht nicht im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut und widerspricht dem BFH-Urteil vom 25.11.2009 und der Verwaltungsauffassung. Der Analogieschluss, dass einzelne Wirtschaftsgüter zwischen den Gesamthandsvermögen von Schwesterpersonengesellschaften steuerneutral übertragen werden können, ist nicht zulässig. Auf Antrag ist AdV zu gewähren

Vorinstanz

Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss 17.07.2009, 1 V 54/09

Fundstelle

BFH, Beschluss vom 15.04.2010, IV B 105/09

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.07.2012, 13 K 1988/09, Revision zugelassen 
Das FG Baden-Württemberg folgt der vom IV. Senat des BFH in dem Beschluss vom 15.04.2010 vertretenen Auffassung, wonach die Übertragung eines Wirtschaftsguts des Gesamthandsvermögens einer Personengesellschaft auf eine beteiligungsidentische Schwestergesellschaft zum Buchwert und damit ohne Aufdeckung stiller Reserven erfolgen kann.

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.