Zurück zur Übersicht
25.02.2013
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Kosten einer Betriebsveranstaltung als Arbeitslohn

Kosten eines Arbeitgebers aus Anlass einer Betriebsveranstaltung sind bei Überschreiten einer Freigrenze in vollem Umfang als Arbeitslohn zu werten. Die Freigrenze beträgt auch im Jahr 2007 noch 110 Euro. Eine Anpassung der Freigrenze an die Geldentwertung ist nicht Aufgabe der Gerichte, sollte aber von der Finanzverwaltung in Erwägung gezogen werden. Bei der Ermittlung, ob die Freigrenze überschritten ist, sind die den Arbeitgeber treffenden Gesamtkosten der Veranstaltung zu gleichen Teilen den Teilnehmern zuzurechnen, sofern sie Lohncharakter haben und nicht individualisierbar sind.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Gesellschaft, die im Streitjahr 2007 eine Betriebsveranstaltung für ihre Mitarbeiter veranstaltete. Die durchschnittlichen Kosten pro Teilnehmer betrugen 175 Euro. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Zuwendungen anlässlich der Betriebsveranstaltung lohnsteuerpflichtig seien. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Entscheidung

Die tatsächlichen Feststellungen des FG rechtfertigen nicht den Schluss, dass die Leistungen der Klägerin anlässlich der Betriebsveranstaltung in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind. Dem Urteil sind keine Angaben zur Struktur der Kosten zu entnehmen, insbesondere zum Lohncharakter der Kosten. Zutreffend ist jedoch die Entscheidung des FG, dass die Freigrenze auch im Streitjahr 110 Euro beträgt.

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG). Ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil muss Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Eine Zuordnung der Einnahme zu einer konkreten Dienstleistung des Arbeitnehmers ist nicht erforderlich (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 21.02.1986). Arbeitslohn liegt u.a. dann nicht vor, wenn der Arbeitgeber mit seinen Leistungen ganz überwiegend ein eigenbetriebliches Interesse verfolgt (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 21.01.2010). Dies ist gegeben, sofern er Aufwendungen für Betriebsveranstaltungen tätigt, um den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit das Betriebsklima zu fördern (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 30.04.2009).

Der BFH hat jedoch eine Freigrenze angenommen, bei deren Überschreitung die Zuwendungen in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind (BFH, Urteil vom 30.04.2009). Ab Veranlagungszeitraum 2002 legt die Finanzverwaltung eine Freigrenze von 110 Euro je Veranstaltung zugrunde (R 72 Abs. 4 S. 2 LStR 2005). In die Ermittlung, ob die Freigrenze überschritten ist, sind grds. die den Arbeitgeber treffenden Gesamtkosten der Veranstaltung einzubeziehen und zu gleichen Teilen sämtlichen Teilnehmern zuzurechnen.

Die Festlegung einer höheren Freigrenze für das Streitjahr durch den BFH kommt nicht in Betracht. Eine ständige Anpassung des Höchstbetrags an die Geldentwicklung ist nicht Aufgabe des BFH, zumal auch der Gesetz- und Verordnungsgeber Pauschbeträge nicht laufend, sondern allenfalls von Zeit zu Zeit korrigiert (BFH, Urteil vom 16.11.2005). Der BFH hält auch zur Gewährleistung von Rechtsanwendungsgleichheit und Rechtssicherheit für den streitigen Zeitraum an dem Höchstbetrag von 110 Euro fest. Der Betrag ist noch ausreichend, um im Rahmen einer Betriebsveranstaltung den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit das Betriebsklima zu fördern. Die Finanzverwaltung sollte jedoch erwägen, alsbald den Höchstbetrag neu und auf der Grundlage von Erfahrungswissen zu bemessen. Im Übrigen behält sich der BFH vor, seine bisherige Rechtsprechung zur Bestimmung einer Freigrenze als Ausfluss typisierender Gesetzesauslegung zu überprüfen.

Abschließend weist der BFH darauf hin, dass es sich bei den Kosten des Arbeitgebers, die in die Ermittlung, ob die Freigrenze überschritten ist, einbezogen werden, um Arbeitslohn aus Anlass einer Betriebsveranstaltung handeln muss. Leistungen des Arbeitgebers, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen, sind nicht zu berücksichtigen (z.B. Kosten der Buchhaltung oder für die Beschäftigung eines "Event-Managers"). In die angesprochene Gesamtkostenermittlung dürfen außerdem nur solche Kosten einfließen, die untrennbar Kosten der Betriebsveranstaltung sind. Individualisierbare und als Arbeitslohn zu berücksichtigende Leistungen sind gesondert zu erfassen.

Betroffene Norm
§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG
Streitjahr 2007

Vorinstanz
Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 01.09.2010, 10 K 381/08, EFG 2011, S. 443

Fundstelle
BFH, Urteil vom 12.12.2012, VI R 79/10

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 21.02.1986, VI R 21/84, BStBl II 1986, S. 406
BFH, Urteil vom 16.11.2005, VI R 151/00, BStBl II 2006, S. 442
BFH, Urteil vom 30.04.2009, VI R 55/07, BStBl II 2009, S. 726
BFH, Urteil vom 21.01.2010, VI R 51/08, BStBl II 2010, S. 700

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.