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22.02.2010
Steuerrecht

Besteuerung von Grenzgängern nach den Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Schweiz bzw. Deutschland/Frankreich - Qualifikation von Nichtrückkehrtagen

Am 11.11.2009 entschied der BFH über drei anhängige Streitfragen in Bezug auf die Besteuerung von sog. Grenzgängern nach den Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit der Schweiz und Frankreich. Insbesondere zur Zählweise bzw. Berücksichtigung der Nichtrückkehrtage Stellung genommen.

Zum Hintergrund der jeweiligen Sachverhalte möchten wir Folgendes zusammenfassen: Nach den DBA zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz bzw. Frankreich steht das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit von Grenzgängern zwischen diesen Staaten grundsätzlich dem Wohnsitzstaat zu.

Im Sinne des DBA mit der Schweiz ist ein Grenzgänger ein Arbeitnehmer, der seinen (einzigen) Wohnsitz im Gebiet des einen Staates inne hat, im Gebiet des anderen Staates tätig wird und arbeitstäglich (über die Grenze) wieder an seinen Wohnsitz zurückkehrt. Ein Grenzgänger im Sinne des DBA mit Frankreich ist ein Arbeitnehmer, der seinen (einzigen) Wohnsitz im Grenzgebiet des einen Staates inne hat, im Grenzgebiet des anderen Staates tätig wird und arbeitstäglich (über die Grenze) wieder an seinen Wohnsitz im entsprechenden Grenzgebiet zurückkehrt. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass das Doppelbesteuerungsabkommen die Grenzgebiete zwischen Deutschland und Frankreich exakt definiert. Die Grenzgängereigenschaft des jeweiligen Arbeitnehmers geht dann nicht verloren, wenn er im Kalenderjahr an nicht mehr als 60 Arbeitstagen (DBA Schweiz) bzw. 45 Arbeitstagen (DBA Frankreich) nicht in seinen Wohnsitzstaat zurückkehrt (siehe auch ges-forum 1/2009 und 10/2009).

Im ersten seiner Urteile vom 11.11.2009 (IR 15/09) hat der BFH für einen in Deutschland ansässigen Grenzgänger in die Schweiz entschieden, dass Dienstreisetage mit auswärtiger Übernachtung in Deutschland zu den „schädlichen“ Nichtrückkehrtagen zählen, aber solche Dienstreisetage an denen der Steuerpflichtige an seinen deutschen Wohnsitz zurückkehrt (z.B. eintägige Dienstreisen und Rückreisetage bei mehrtägigen Dienstreisen) nicht schädlich, d.h. nicht als „Nichtrückkehrtage“ zu qualifizieren sind.

Für einen in Frankreich abkommensrechtlich Ansässigen und damit in Deutschland mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit lediglich beschränkt steuerpflichtigen Grenzgänger hat der BFH im zweiten seiner Urteile vom 11.11.2009 (IR 84/08) entschieden, dass ein ganztägiger Dienstreisetag außerhalb der im Abkommen festgelegten Grenzzone -auch bei Rückkehr an seinen französischen Wohnsitz - als schädlicher Nichtrückkehrtag zu qualifizieren ist. Krankheitstage sowie Dienstreisetage, die auf Wochenenden oder gesetzliche Feiertage fallen, sind „unschädlich“ und daher nicht in die Berechnung der Höchstgrenze für die „Nichtrückkehrtage“ einzubeziehen. Sollte der Arbeitnehmer während einer Dienstreise außerhalb der Grenzzone in Folge höherer Gewalt (hier: Taifunwarnung) daran gehindert werden, seine Arbeitsleistung zu erbringen, gilt dieser Tag als Nichtrückkehrtag.

Im dritten seiner Urteile vom 11.11.2009 (IR 83/08) hatte der BFH über die Anwendung der Grenzgängerregelung des DBA Schweiz für einen leitenden Angestellten einer schweizerischen Kapitalgesellschaft zu entscheiden, der seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hatte, jedoch gleichzeitig eine Wohnung in der Schweiz unterhielt. Da die Höchstgrenze von 60 „Nichtrückkehrtagen“ infolge der umfangreichen Dienstreisetätigkeit des leitenden Angestellten überschritten war, bezog das deutsche Finanzamt den auf die Dienstreisen in Drittstaaten entfallenden (anteiligen) Arbeitslohn des Geschäftsführers in die Bemessungsgrundlage für die deutsche Steuer ein. In seinem vorgenannten Urteil entschied der BFH jedoch, dass die Einkünfte aus der Tätigkeit für die schweizerische Kapitalgesellschaft in Deutschland bereits unter Berufung auf die Sonderregelung für leitende Angestellte von Kapitalgesellschaften und die entsprechend verankerte Fiktion des Tätigkeitsorts (Art. 24 Ab. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d DBA Deutschland/Schweiz) in Deutschland steuerfrei zu stellen ist.

Die detaillierten Urteilsbesprechungen finden Sie hier:

Zu IR 15/09
Zu IR 84/08
Zu IR 83/08

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